Distale Katharsis

Vor einem Jahr zog ich aus der Innenstadt in eine ruhige Wohnstraße. In innenstadtnähe zwar, aber weit genug entfernt, um die Alltäglichkeiten der Innenstadt nicht mehr für mich alltäglich sein zu lassen.
Offensichtlich habe ich es verlernt, Innenstädter zu sein. Nun ist es jedesmal ein kleines Abenteuer durch die Stadt zu bummeln. Verlernt ist wohl das falsche Wort. Offensichtlich hat nach einem Jahr homöopathischer Citydosierung eine Art mentale Reinigung eingestellt. Nun nehme ich irgendwie intensiver wahr, was und vor allem wer dort ist.

Schön, dass es neben einer Menge Belanglosigkeiten, Langweilern und Vollassis auch Menschen gibt, die strahlen und ausstrahlen.

Beim Kauf von drei Flaschen Pustefix stand ein netter Vater mit seinem kleinen Sohn vor mir an der Kasse. Der Sohn hatte einen Lutscher in der Hand und die Hoffnung auf den Kauf durch den Vater im Kopf. Ganz fest im Kopf. Der Vater war allerdings anderer Meinung und versuchte den Sohnemann durch nachvollziehbare Argumente auf Süßigkeiten zu verweisen, die es wohl noch Zuhause gibt. Er war aber offensichtlich nicht der Wortgewandtheit des kleinen Mannes gewahr, der so gute Argumentationsketten aufbaute, dass der Vater ins Stammeln geriet. 😉 Dennoch blieb er standhaft und kaufte den Lutscher nicht. Selbst die unheimlich nett lächelnde Kassiererin, die den Racker mit Hilfe eines Luftballons zu bestechen versuchte, konnte ein rotes Anlaufen, Heulen und Schreien nicht verhindern. Eine filmreife Szene. – Und danach hatte ich direkt bessere Laune. Toll!

Ich sollte öfter Pustefix kaufen!
Oder netten Vätern mit kleinen netten Jungs zuschauen.
Oder der Kassiererin beim Lächeln.

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