Die siebte Welle nach dem Nordwind

Kürzlich lag dieser natronbraune Umschlag auf meiner Fußmatte. Darin ein Buch. Eine liebe Schenkerin hatte es dort hingelegt, um mir eine Freude zu machen. Während nicht jeder Versuch, Freude zu machen gelingt, so war dies ein ganz großer Treffer! Danke! Tausend Mal „Danke“!

Das Buch darin: „Alle sieben Wellen“ von Daniel Glattauer. Ein Fortsetzungsroman von „Gut gegen Nordwind“.
Machen wir’s kurz. Ich habe das Buch weniger Stunden am Wochenende verschlungen. Auf der Couch, am Schreibtisch, im Zug und im Bett. Dabei gelacht, geweint, es mit stockendem Herz zwischendurch zugeklappt und andere Stellen nicht aufhören können zu lesen. Ein großartiger zweiter Teil eines großartigen ersten Teils; ein würdiger Nachfolger. Mir fiele nicht ein, wie man diese Fortsetzung anders, besser, überraschender und dabei stringenter hätte verfassen sollen.

Kein Geheimnis ist, dass beide Bücher im Stil von E-Mails verfasst sind. Die gesamte Handlung wird nicht gelebt, sondern nur in E-Mails zwischen Emmi und Leo ge- und beschrieben. Zunächst dachte ich, dass ein solcherart verfasstes Buch mühsam zu lesen und zu unlebendig in seiner Darstellung ist. Heute ist mir klar geworden, als ich über das Buch nachdachte, dass genau das Gegenteil der Fall ist; ja sogar sein muss. Während andere Bücher die Welt mit Worten beschreiben, besteht die Welt in diesem Buch für diese Akteure nur aus E-Mails, also aus Worten. Das Buch entspricht daher zu 100% der Wahrnehmung der Akteure. Kaum ein anderes Buch könnte so nah an der Wahrnehmungsrealität der Innenwelt sein wie dieses.  Zudem ist es stets in der Ich-Form geschrieben, da Leo und Emmi gegenseitig E-Mails verfassen. Der Leser ist also permanent gänzlich assoziiert in der Welt, die nur aus Buchstaben besteht. Ebenso wie man es beim Lesen ist. Man selbst wird dadurch zu Leo Leike und Emmi Rothner und weiß nicht, wen man von beiden mehr lieben soll.

Update:

 

6 Gedanken zu „Die siebte Welle nach dem Nordwind“

  1. Und ich freu mich schon wieder auf Emmi und Leo, die mir letztes Jahr einige der ersten Stuttgart-Tage gerettet haben! Dafür noch mal Dank an dich Jörg.

  2. Welch liebe Schenkerin – sie hat Geschmack! Ein tolles Buch, ein toller Nachfolger, eine tolle Geschichte mit einem perfekten Ende!
    Wunderbar beschrieben Jörg, ich hätte es nicht besser machen können! 🙂

  3. ich fand den 2. Teil sehr enttäuschend…..als ich Gut gegen Nordwind zu ende gelesen hatte (im Türkei Urlaub am Strand) kamen mir die Tränen…ich hab tagelang über das Buch nachgedacht…davon erzählt und weiterempfohlen. Den 2. Teil habe ich an einem Wochenende gelesen. Leider war das Ende so vorhersehbar….der Autor hat geschrieben was viele Leser wollten…wiedermal ein glattes und kantenloses Happy Ende….zumindest für Emmi und Leo. Es sind doch die unerfüllten Sehnsüchte und Träume die jeder haben sollte….werden sie erfüllt verlieren sie an Zauber und an Besonderheit. Das Ende des 2. Teils hat mich nicht zum Nachdenkenken und Mitfühlen annimiert….ich hab das Buch zugeklappt und es hat mich überhaupt nicht bewegt. Schade!

  4. Die siebente Welle

    Die Geschichte von der unbeugsamen siebente Wellen,
    die ersten sechs,
    sind berechenbar und ausgewogen,
    sie bedingen einander,
    bauen aufeinander auf,
    bringen keine Überraschungen,
    sie halten die Kontinuität,
    sechs Anläufe,
    so unterschiedlich sie aus der Ferne betrachtet auch wirken,
    sechs Anläufe und immer das gleiche Ziel,
    aber Achtung von der siebenten welle,
    sie ist unberechenbar,
    lange Zeit ist sie unauffällig,
    spielt im Monotonen Ablauf mit,
    passt sich an ihre Vorgängerinnen an,
    aber manchmal bricht sie aus,
    immer nur sie,
    immer nur die siebente Welle,
    denn sie ist unbekümmert,
    arglos,
    rebellisch,
    wischt über alles hinweg,
    formt alles neu,
    für sie gibt es kein Vorher nur ein Jetzt und danach ist alles anders,
    ob besser oder schlechter,
    das können nur jene beurteilen,
    die von ihr erfasst worden sind,
    die den Mut gehabt haben sich ihr zu stellen,
    sich in ihren Bann ziehen zu lassen.

    ich habe mir mal die Mühe gemacht es abzuschreiben, denn es ist wunderschön!

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